26.05.2021

Ohne Vorsorgevollmacht ist selbst der Ehegatte/Lebens-Partner kaum handlungsfähig

VorsorgevollmachtFamilienrecht allgemein

Sind keine Vollmachten erteilt, können selbst Angehörige und Ehegatten/Lebenspartner kaum etwas tun.

Stattdessen muss das Betreuungsgericht ein/e rechtliche/r Betreuer/in für den Betroffenen bestellen, der/die dann als gesetzliche/r Vertreter/in handeln kann, z.B.

- Auskunft erbitten von den Ärzten [diese dürfen sonst keine Informationen über den Betroffenen preisgeben],

- Post des Betroffenen öffnen [das darf sonst noch nicht einmal der Ehegatte]

- Überweisungen bei der Bank tätigen, also Verfügungen über Konten des Betroffenen [Bankvollmacht ist oftmals nicht erteilt worden]

- bei Behörden Anträge für den Betroffenen stellen

- über den Aufenthalt des Betroffenen bestimmen [beispielsweise Aufnahme in einem Pflegeheim]

Das Betreuungsgericht wird zwar immer prüfen, ob es vertretungsbereite Angehörige oder Ehegatten/Lebenspartner gibt, die die Betreuung des Betroffenen übernehmen könnten. Es wird also i.d.R. nicht von vorneherein ein Fremder zum Betreuer bestellt. Aber: das Betreuungsverfahren benötigt erst einmal Zeit und kostet auch Geld.

Deshalb sollte sich jede/r Erwachsene Gedanken machen, wer ihn/sie im „Fall der Fälle“ (oder auch generell) vertreten soll. Soweit rechtlich wirksame Vollmachten erteilt sind, entfällt die Betreuungsbedürftigkeit und der Bevollmächtigte kann (oftmals ohne Einschaltung des Betreuungsgerichts) für den Betroffenen handeln.

Wichtig: Ein gesetzliches Vertretungsrecht gibt es für den Ehegatten/Lebenspartner nur in ganz begrenzten Fällen.

§ 1357 BGB (Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs) enthält eine solche Ausnahme. In Anwendungsbereich dieser Vorschrift werden generell beide Ehegatten/Lebenspartner mit berechtigt und verpflichtet. Beispiele: (Buchung einer Urlaubseise, Reparaturauftrag für das Familienfahrzeug, Ratenkauf für Haushaltsgegenstände, usw.). Weil ein „gemeinschaftliches Hauswesen“ Voraussetzung ist, ist § 1357 BGB nach einer Trennung nicht mehr anwendbar. 

Durch das neue „Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts“, wird u.a. die gegenseitige Vertretung von Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge (§ 1358 BGB n.F.) eingeführt. Das Gesetz wurde am 05.03.2021 vom Bundestag beschlossen und der Bundesrat hat am 26.03.2021 zugestimmt. Es tritt erst am 01.01.2023 in Kraft. In vielen Fällen geht es nicht weit genug, denn es beinhaltet nur ein Notvertretungsrecht, das zeitlich und inhaltlich stark begrenzt ist.

Ehegatten können sich dann in Gesundheitsangelegenheiten ab 01.01.2023 für die Dauer von sechs Monaten gegenseitig vertreten, wenn ein Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder Krankheit vorübergehend seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge nicht rechtlich besorgen kann. 

Das gesetzliche „Not“-Vertretungsrecht ist ausgeschlossen, wenn:

  • die Ehegatten getrennt leben, 
  • ein Betreuer mit entsprechendem Aufgabenkreis bestellt ist, 
  • der vertretene Ehegatte eine Vertretung ablehnt (wobei ein Widerspruch in das Zentrale Vorsorgeregister bei der Bundesnotarkammer eingetragen werden kann, vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 7 VRegV n. F.) 
  • oder er eine andere Person in Angelegenheiten der Gesundheitssorge bevollmächtigt hat.

Fazit: Die neue Rechtslage macht Vollmachten nicht entbehrlich.

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Gleiches gilt für den Widerruf solcher Vollmachten (durch den Vollmachtgeber oder durch seine Erben) und Fälle des Vollmachtmissbrauchs.

Dirk Vollmer, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Familienrecht, Fachanwalt für Erbrecht

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