23.06.2022

Todesfall nach Scheidung – wann der/die „Ex“ trotzdem erbt

Erbrecht allgemein

Mit der Ehescheidung erlöscht das gesetzliche Erbrecht und Pflichtteilsrecht des Ehegatten. Hatte der Erblasser den Ehescheidungsantrag gestellt und war dieser begründet, steht dem anderen Ehegatten bereits ab Zustellung des Ehescheidungsantrages kein Erbe und Pflichtteil mehr zu.

Wie also kann der geschiedene Ehegatte trotzdem erben?

Antwort: Indirekt, wenn nämlich eines der gemeinsamen Kinder selbst kinderlos verstirbt. In diesem Fall ist der andere Elternteil (also der/die Ex) gesetzlicher Erbe, ggf. neben einem anderen gemeinsamen Kind. Mitunter hat der/die Ex noch Abkömmlinge aus anderen Beziehungen und Ihr Vermögen wandert dann auf Umwegen auch dorthin.

Wenn ich das nicht möchte, was kann ich tun?

Expertentipp: Ein Testament errichten zur Absicherung, dass Ihr an die Kinder vererbtes Vermögen nicht in den Stamm des anderen Elternteils abwandert. Der andere Elternteil ist dann oftmals auch allein sorgeberechtigt – deshalb kann es empfehlenswert sein, solange die gemeinsamen Kinder noch minderjährig sind, die Vermögensverwaltung insoweit auf einen Dritten oder den Amtsvormund zu übertragen oder einen Testamentsvollstrecker einzusetzen. Ich bin bei der Ausarbeitung eines sog. Geschiedenentestaments gerne behilflich. Sprechen Sie mich an über mein sicheres Kontaktformular.

Gilt das auch schon nach der Trennung?

Nein, die Trennung selbst hat (noch) keinen Einfluss auf das gesetzliche Erbrecht und Pflichtteilsrecht des Ehegatten. Diese Rechte sind frühestens mit Beginn des Ehescheidungsverfahrens suspendiert. Sie können aber jederzeit in einem Testament verfügen, dass Ihr Ehegatte nicht Erbe werden soll, sondern z.B. nur die Kinder oder Dritte. Der Ehegatte ist dann enterbt und auf den sog. Pflichtteil gesetzt.

Hatten Sie mit Ihrem Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament errichtet, geht der Gesetzgeber grundsätzlich davon aus, dass das Testament mit seinem gesamten Inhalt unwirksam werden soll mit der Scheidung bzw. mit Zustellung des Scheidungsantrages (§§ 2268 Absatz 1, 2077 Absatz 1 BGB). Aus dem Testament selbst kann sich aber anderes ergeben. Deshalb ist es wichtig, bereits bei der ersten anwaltlichen Beratung nach Beginn des Getrenntlebens auch etwaige Testamente anzusprechen; eventuell sollte ein Widerruf erklärt werden. Das gilt erst recht für das einseitige Testament: ist dort der andere Ehegatte als Erbe eingesetzt, ordnet das Gesetz zwar grundsätzlich das Unwirksamwerden bei Scheidung an, jedoch kann die Auslegung ergeben, dass der Erblasser die Erbeinsetzung auch für den Fall der Scheidung wollte (§ 2077 Absatz 3 BGB).

Hatten Sie Ihren Ehegatten in einem Versicherungsvertrag als Begünstigten bestimmt, gilt grundsätzlich folgendes: Hier handelt es sich um einen sog. Vertrag zugunsten Dritter. Die erbrechtlichen Regelungen gelten nicht. Im Zweifel ist der/die Ex auch nach der Scheidung weiterhin als „Ehegatte“ anzusehen, bleibt also berechtigt und erhält z.B. die Versicherungssumme aus der Lebensversicherung. Die Bestimmung des Bezugsberechtigten sollte der Versicherungsnehmer also nach der Trennung vorsorglich ändern.

Hatten Sie mit Ihrem Ehegatten einen notariellen Erbvertrag errichtet, gilt weiter folgendes: Im Unterschied zum gemeinschaftlichen Ehegattentestament ist der Erbvertrag bereits zu Lebzeitenbindend. Änderungen, erst recht einseitige, sind nur in begrenztem Umfang möglich. Von vertragsmäßigen Verfügungen kann man nur zurücktreten, wenn der Rücktritt im Erbvertrag vorbehalten wurde. Es sind außerdem besondere Formvorschriften zu beachten.

Was gilt bei Auflösung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft?

Die nichtehelichen Lebenspartner haben kein gesetzliches Erbrecht und Pflichtteilsrecht. Sie können auch kein gemeinschaftliches Testament errichten, wohl aber einen Erbvertrag (für den das oben Gesagte entsprechend gilt). Das (einseitige) Testament eines Lebenspartners wird bei Scheitern der nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht automatisch unwirksam. Er muss sein Testament dann widerrufen oder ändern. Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten: Errichtung eines sog. Widerrufstestaments (auch bei einem inhaltlich widersprechenden Testament zählt das neuere), Veränderung oder Vernichtung des vorhandenen Testaments oder Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung durch den Testierenden persönlich.

Der erbrechtlichen Beratung bei Trennung und Scheidung widme ich in meiner Beratungspraxis besondere Aufmerksamkeit. 

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